Mitte Juni fanden gleich drei Sitzungen von wichtigen Notenbanken statt, die mit Blick auf die noch immer recht hohe Inflation in den USA und in Europa mit Spannung erwartet worden waren. Um die Inflation zu bekämpfen, hatten die Zentralbanken zuvor innerhalb kürzester Zeit die Leitzinsen drastisch angehoben. Wirft man einen genauen Blick auf einzelne Regionen und Länder weltweit, sieht man jedoch, dass sich Preise und Zinsen unterschiedlich entwickeln.
In den USA hat die Notenbank Fed die Zinsen zehn Mal in Folge sowie binnen nur gut eines Jahres auf eine Spanne von 5,0 bis 5,25 % (Fed Funds Rate) angehoben. Ein historisches Vorgehen. Im Juni dann hielt sie ihren Leitzins zum ersten Mal wieder stabil, kündigte aber zwei weitere mögliche Zinsschritte für 2023 an. Die Inflationsrate war im Mai deutlich auf 4 % gefallen, nachdem sie im vergangenen Jahr auf über 9 % gestiegen war. Das Inflationsziel der Fed liegt bei 2 %. Auf der anderen Seite darf die Zentralbank aber nicht zu forsch agieren, denn sie muss die Sorgen vor einer Ausweitung der Bankenkrise beachten sowie zuletzt neue Rezessionssorgen.
Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte Mitte Juni die achte Zinserhöhung gegen den Preisauftrieb vorgenommen und die Schlüsselzinsen um 0,25 Prozentpunkte auf 4,0 % erhöht. Insbesondere in Europa geht die Inflation derzeit nur langsam zurück, zudem wurde hier später mit den Zinserhöhungen begonnen. Die Inflation im Euroraum hatte im Mai zwar spürbar nachgelassen – im Oktober 2022 betrug sie 10,6 % –, lag mit 6,1 % aber noch weit über dem von der EZB angestrebten Inflationsziel von mittelfristig 2 %. Die Wirtschaftsleistung in der Eurozone war im ersten Quartal überraschend gesunken, nachdem erste Schätzungen noch auf ein leichtes Wachstum hindeuteten. Die Eurozone rutschte damit in eine technische Rezession. Im Jahresvergleich legte die Wirtschaft von Januar bis März um 1,0 % zu.
In Großbritannien hat der britische Industrieverband CBI seine Wirtschaftsprognose angehoben: Dank eines besseren globalen Ausblicks und gesunkener Energiepreise geht er für 2023 jetzt von einem Plus von 0,4 % aus. Auch die Inflation und vor allem die historisch hohen Lebensmittelpreise sollen in diesem Jahr weiter sinken: Im April war die Inflationsrate auf 8,7 % zurückgegangen. Im März hatte das Land mit 10,1 % die höchste Teuerungsrate in Westeuropa. Vor allem die Lebensmittelpreise bleiben aber bislang hoch und lagen im April 19 % höher als vor einem Jahr. Die Zentralbank hat im Kampf gegen die hohe Inflation die Leitzinsen sukzessive erhöht und schließt weitere Zinserhöhungen nicht aus.
Schaut man auf die Schweiz, zeigt sich ein komplett anderes Bild: Dort war die Inflation im April so tief wie seit einem Jahr nicht mehr. Konkret sank die Jahresinflation auf 2,6 % von 2,9 % im März. Ein wichtiger Faktor ist die Stärke der Schweizer Währung gegenüber der europäischen Gemeinschaftswährung. Auch gegenüber dem Dollar zeigte sich der Franken zuletzt wieder robuster. Somit werden Güter, die von außerhalb der Schweiz geliefert werden, günstiger. Zudem schützen protektionistische Maßnahmen die eigenen Märkte, wodurch etwa die Schweizer Nahrungsmittelpreise von der Entwicklung auf dem Weltmarkt abgekoppelt sind.
Ebenso in Japan: In der drittgrößten Volkswirtschaft der Welt hat Haruhiko Kuroda als Notenbankchef zehn Jahre lang die Abenomics-Politik ermöglicht, also eine ultralockere Geldpolitik verfolgt. Die Inflation beendete in den USA und in Europa die laxe Geldpolitik. Aber nicht in Japan. Im April lag die Inflationsrate bei 3,5 % gegenüber dem Vorjahresmonat. Allerdings hat sich der japanische Staat enorm verschuldet: Würde die Bank of Japan die Zinsen anheben, würden die Schulden weiter steigen. Zudem ist der Yen tief gesunken, Importe werden also teurer. Ausländische Experten sind der Meinung, dass der neue Notenbankchef, seit wenigen Wochen im Amt, eine andere Strategie entwickeln muss, um Japans Wirtschaft in Zukunft dynamischer und unabhängiger von der Geldpolitik zu machen.